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Zweiter Versuch. Wenn im Restaurant der GAU eintritt.

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Den Namen des Restaurants verrate ich nicht. Schliesslich geht es nicht um den Einzelfall, sondern um eine beispielhafte Beschreibung des GAUs im Restaurant, des grössten anzunehmenden gastronomischen Unfalls. Der tritt nämlich dann ein, wenn eine Speise so schlecht ausfällt, dass man sie beim besten Willen nicht essen kann, sondern entweder unter Tisch-Accessoires versteckt (wie in einer legendären Filmszene mit Mr. Bean), sondern zurückschicken muss.

Zum Glück passiert das selten. Der Tisch-GAU ist eine Rarität. Auch wenn so manches Essen wenig Freude macht, ist mir der Aufwand, ist mir schon das Aufsehen, das eine Reklamation auslöst, meist zu lästig. In diesem einen Falle, geschehen vor drei Wochen in Süddeutschland, ging es aber nicht anders. Der Hauptgang – eine Art Kalbsgeschnetzeltes – war nämlich dermassen versalzen und verpfeffert, dass es mir den Gaumen schier verbrannte.

Nach zwei Bissen legte ich die Gabel beiseite und winkte der ins Dirndl gehüllten Kellnerin. Ein bisschen Mitleid mit ihr hatte ich schon, denn die junge Dame machte ihre Sache gut und hatte nun den undankbaren Job, den Küchenchef auf einen Fehler aufmerksam zu machen.

DIESES Essen bot keinen Grund zur Reklamation: eine kreative Eierspeise im Drei-Sterne-Restaurant Arzak in Spanien (Foto: Wolfgang Fassbender)

 

Wie der Chef de Cuisine in diesem Falle reagiert hat, weiss ich nicht – die Küchentüre war weit genug von unserem Tisch entfernt, als dass ich die interne Kommunikation hätte mitverfolgen können. (Von Kollegen weiss ich, dass sie schon mal ausflippende Köche haben brüllen hören …) Irgendwie verständlich ist es ja auch: Im gut durchgetakteten Motor eines Restaurants löst die Reklamation gehöriges Stottern aus. Während die Köche den entsprechenden Gang längst abgehakt haben und sich anderen Aufgaben widmen, müssen sie nun zurück auf die Startposition. Schlaue Kochkünstler reagieren pflichtbewusst, dumme lassen ihren Frust an der armen Bedienung aus

Nach etwa sieben Minuten wurde ein neuer Teller eingedeckt. Darauf Essen, das dem ersten Versuch ziemlich ähnlich sah.

Kellnerin: “Der Küchenchef hat den Gang neu gemacht.”

Ich: “Vielen Dank.”

Ich (zwei Minuten später): “Das ist zwar besser als vorhin, aber immer noch extrem verpfeffert.” (Das war geschmeichelt; in Wirklichkeit handelte es sich höchstwahrscheinlich um dasselbe Essen wie zuvor, lediglich um etwas Rahm angereichert.)

Kellnerin: “Soll ich Ihnen etwas anderes bringen?”

Ich: “Nein, danke. Aber fragen Sie doch mal den Küchenchef, ob das Gericht wirklich so gemeint ist. Und weshalb so viel Salz und so viel fertig gemahlener weisser Pfeffer drin ist.”

Kellnerin (nachdem sie nachgefragt hat): “Also, der Küchenchef sagt, dass das immer so gemacht wird und sich noch nie jemand beschwert hat.”

Ich: “Vielleicht schmeckt der Küchenchef nicht mehr so gut?”

Kellnerin: (grinst) 

Zum Glück war das Dessert anschliessend tadellos. Und abnehmen wollte ich sowieso. Und berechnet wurde der Gang dann auch nicht. Nur schade, dass weder der Restaurantleiter noch der Inhaber oder der Küchenchef an den Tisch kam. Zu gern hätte ich mit dem mal über den Unterschied zwischen würzig/scharf und ungeniessbar diskutiert.

Übrigens: Der GAU ist nicht die höchste Stufe der Eskalation im Restaurant. Es gäbe auch noch den Super-GAU. Wenn nämlich alle Speisen so schlecht oder alle Mitarbeiter so pampig gewesen wären, dass der Restaurantbesuch hätte abgebrochen werden müssen. Geschah mir zum letzten Mal vor etwa zehn Jahren – und hoffentlich nie wieder!


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